Zivilcourage-Workshop am RDG

Letzten Dienstag ist Herr Kaiser von der Bundespolizei aus Nürnberg an unsere Schule gekommen und hat mit uns vier Unterrichtsstunden verbracht, in denen er sich mit uns über Gewalttaten und Zivilcourage ausgetauscht hat.

Von Gewalt ist die Rede, wenn Menschen versuchen, ihren Mitmenschen den eigenen Willen aufzuzwingen und dabei in Kauf nehmen, dass diese einen Schaden davon tragen. Je nachdem, ob die Seele, der Körper oder der Besitz eines Anderen dabei zu Schaden kommen, spricht man von psychischer, körperlicher oder materieller Gewalt. An einem „Gewaltstrahl“, an dem wir unterschiedliche Gewalttaten ihrem Ausmaß nach anordnen sollten, haben wir gut vor Augen geführt bekommen, dass es vom Opfer abhängig ist, wie schlimm die jeweilige Art von Gewalt wahrgenommen wird, da jeder Mensch basierend auf seinen bisherigen Erfahrungen eine andere Einstellung zu gewissen Dingen hat.

Die Gründe, aus denen einige Menschen durch andere Gewalt erfahren, sind vielfältig. Oft läuft es darauf hinaus, dass das Aussehen, die Meinung, Herkunft, Sexualität oder Religion einer Person anders sind und nicht in die gesellschaftliche Norm oder in die der Täter passen. Somit kann praktisch jeder zum Opfer werden. Wichtig ist, nicht zu vergessen, dass man als Opfer keine Schuld an der Tat trägt, was einen aber leider nicht davor bewahrt, Gewalt zu erfahren.

Deshalb hat Herr Kaiser uns im zweiten Teil der Stunden anhand eines Beispiels nahe gelegt, wie man sich am besten verhalten sollte, falls man einmal zur falschen Zeit am falschen Ort landet und sich selber in einer Gewaltsituation wiederfinden sollte. Zunächst ist wichtig, dass solche Situationen nicht plötzlich entstehen. Oft gibt das eine Wort das andere und Gewalt provoziert Gegengewalt. Daher ist es immer sinnvoll, ausweichend und präventiv zu reagieren, also den Täter nicht zu berühren, sei es auch nur ein Antippen, ihn zu siezen, oder sich einfach wenn möglich körperlich von der Situation zu entfernen und in der Bahn beispielsweise von Anfang an Fensterplätze zu vermeiden, da diese das Ausweichen erschweren können, falls jemand neben einem Platz nehmen sollte. Wenn das Vorbeugen nicht geklappt hat, ist es wichtig, Öffentlichkeit herzustellen und beim Bitten um Hilfe gezielte Personen anzusprechen, um zu verhindern, dass jeder wartet, bis ein anderer hilft, weil sich dann niemand richtig angesprochen fühlt. Auch ein selbstsicheres und bewusstes

Auftreten sind wichtig, da, wie Herr Kaiser uns erklärt hat, der Inhalt von dem, was wir sagen nur 7%, die Art, wie wir reden und artikulieren nur 38% und unsere Körpersprache aber 55% davon ausmachen, was bei unserem Gegenüber ankommt.

Doch nicht jeder strahlt mit seinem Auftreten Selbstbewusstsein aus, noch weniger in Stresssituationen. An dieser Stelle ist man dann auf Solidarität und Zivilcourage seiner Mitmenschen angewiesen. Dies kann man als Außenstehender zeigen, indem man dem Opfer Möglichkeiten zum Ausweichen bietet, es also z.B. direkt anspricht, um sich gemeinsam vom Täter und der Situation zu entfernen. Genauso wie das Opfer sollte man allerdings darauf achten, sich vom Täter fernzuhalten, um ihn nicht möglicherweise zu provozieren, da sich die Opferrolle dann unter Umständen auf einen selbst verschieben könnte. Viele helfen jedoch wegen genau diesem Risiko weniger, als sie eigentlich könnten. Als Art kleine Motivation, mehr zu helfen und mit offeneren Augen durch die Welt zu gehen, hat Herr Kaiser uns deswegen ein Zitat von Laotse mitgebracht: „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“ Immerhin ist unterlassene Hilfeleistung eine Straftat. Eine Straftat, die man einfach umgehen kann und sollte, auch wenn es nur mittels einer Personenbeschreibung ist, die man sich einprägt. In einen Konflikt einzugreifen, wirkt auf den ersten Blick immer abschreckend, doch wenn alle Umstehenden sich zusammenschließen und den nötigen sozialen Mut fassen, ist es oft einfacher zu helfen, als es am Anfang schien.

Camille Lang, 10c